Wie überstehst du die NFL, Jakob Johnson?

“Yeah yeah yeah.” So entspannt eröffnet unser heutiger Gast den Podcast. Kein Wunder: Er hat einen spielfreien Tag und nur noch eine Massage vor sich. Und mit der Karriere läuft es für den 27-Jährigen Stuttgarter hammermäßig: Stammspieler in der NFL bei den Las Vegas Raiders, 1.5 Millionen Gehalt und mit über 200 Kilo beim Bankdrücken topfit. Welcome Jakob Johnson!

Jakob entdeckt Football zufällig, aber verfällt dem Sport komplett. Fußballerkarriere und auch Medizinstudium, die Träume gibt er auf. Stattdessen geht er vom Abi in Stuttgart direkt auf eine High School in Jacksonville, Florida, der Heimat seines Vaters, um sich von dort als Footballer hochzuarbeiten. Dort erlebt er “das Amerika, das man in den Filmen nicht sieht”.

Auch wenn er zum ersten Mal einer unter vielen nicht weißen Menschen ist – der strukturelle Rassismus und das Erlebnis völliger Perspektivlosigkeit versetzen ihm einen Schock. “Die Jungs in meinem High School Team waren talentierter als alle, mit denen ich in Deutschland gespielt hab." Aber "die Idee, es aus der Stadt rauszuschaffen existiert gar nicht.” Manche seiner ehemaligen Teammates sitzen heute im Gefängnis, manche sind nicht mehr am Leben. Auch wenn Jakob dort immer noch einen Teil seiner Familie hat: “Die Stadt ist gefährlich – es gibt nur wenige happy endings.”

Er schafft es ans College in Tennessee, wo er sich nicht nur erfolgreich im Football-Team und im Studium behauptet, sondern auch seine Freundin kennenlernt. Gemeinsam gehen die beiden für ein Jahr nach Deutschland. “Meine Freundin würde am liebsten wieder dort leben. Für sie ist es ein besserer Ort als Amerika.” Aber Jakob gelangt durch das Pathway Program der NFL, das sich auf internationale Spieler konzentriert, zu den New England Patriots, wo er schnell zum Stammspieler wird und mit Superstar Tom Brady auf dem Platz steht. “Die Hingabe und Opferbereitschaft ist bei ihm auf einem anderen Level. Immer der erste und der letzte beim Training. Und einer, der es auch immer hinbekommt, gut auszusehen, egal aus welchem Winkel.”

Gerade hat Tom Brady in der ausverkauften Allianz-Arena in München das erste NFL-Spiel in Deutschland bestritten. (Mit dabei waren übrigens als Kommentatoren und Mit-Organisatoren unsere Podcast-Gäste Markus Kuhn und Sebastian Vollmer #shoutout). Das Spiel hatte Rekordquoten, im Fernsehen und online. Der Football-Boom in Deutschland ist real, und Jakob ist mittendrin. Denn inzwischen ist Johnson Mitinhaber der Stuttgarte Surge, ein Team in der ELF (European League of Football).

Seinen schwäbischen Nachnamen hat Jakob allerdings eingetauscht. Statt Weinmann heißt er Johnson, der Name seines Vaters. “Marketingtechnisch ein Riesenfehler. Jetzt heißen drei andere in jeder Mannschaft auch so wie ich”. Er nennt sich deswegen auf dem Platz Jak, deutsch ausgesprochen. “Das ist das Geräusch, das entsteht, wenn du jemanden umhaust. JAK!”

Seit seinem Neuanfang im Team der Las Vegas Raiders lernt Jakob das Leben und Athlet-Sein in der Wüste. “Wir trainieren im August draußen, bei 110, 115 Grad Fahrenheit. Hier gibt es manchmal Hitze und Wind, da ist man wie in einem Umluft-Ofen. Es gibt keinen Schutz. Ich hab mir erstmal eine 3.5 Liter-Trinkflasche gekauft.” Der Kader aus Spitzenathleten hat in der Vorsaison 90 Mann, und nur 53 dürfen im Kader mitspielen, die Selektion ist gnadenlos. “Bezahlt werden wir nicht für die Spiele am Sonntag. Wofür ich bezahlt werde, ist das Training von Montag bis Samstag. Da musst du durch und an dir arbeiten.”

Was er über die ständige übergroße Verletzungsgefahr in seinem Sport denkt, die viele vor ihm die Karriere gekostet hat und für manche ein Leben in Schmerzen bedeutet? “Verletzt sein ist tough. Unsere Verträge sind nicht garantiert, wie im Basketball oder im Fußball. Im Football verdienst du dein Gehalt mit dem Game Check. Und manchmal gehst du aus Siegen angeschlagener raus als aus Niederlagen.” Aber: “Wenn ich an all die Zoom-Calls denke, die du so machst, wenn du dann wegen Stress und im Büro sitzen einen Herzinfarkt hast, dann ist das für mich nicht schlüssig, wieso ich nicht mal Arthritis in meinen Gelenken haben soll. Du musst dich halt entscheiden, womit du deine Zeit verbringst.” Mic drop.

Warum Jakob Eisbadewannen und CBD-Creams liebt, wie er seiner Freundin aus Versehen den Finger gebrochen hat und welchen Nachnamen er gerne nach seiner Hochzeit annehmen würde – all das und mehr gibt’s in der 56. Folge von Wunderbar Together!

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